historisch
woher?
Via Iulia Augusta
Der Name VIA IULIA AUGUSTA bezeichnet die Römerstraße, die ausgehend von Aquileia nordwärts führt und sich bei der Einmündung der Fella in den Tagliamento, in der Nähe von Venzone, gabelt: Der nördliche Zweig folgt dem Tagliamento bis zur Einmündung des But-Baches und nimmt diesem entlang, durch das Tal von St. Peter bis Timau, den Anstieg zum Plöckenpass. Der östliche Zweig führt entlang der Fella durch das Eisental und das Kanaltal bis zum Saifnitzer Sattel, und von dort hinunter über Tarvis nach Villach, also in den Kärntner Zentralraum.
Die Bedeutung der römischen Straßenführung von Aquileia über den Plöckenpass und den Gailbergsattel nach Aguntum (bei Lienz in Osttirol) gründet auf Zusammenhängen, die weit in die Prähistorie zurückreichen.
Ihren Namen erhält diese traditionsreiche Verbindung allerdings erst gegen Ende des 19. Jh. durch den istrisch-italienischen Archäologen Carlo Gregorutti. Julius Cäsar und Kaiser Augustus sind die Namenspatrone.
Seit der älteren Eisenzeit (Hallstattzeit), ab etwa 800 v. Chr., bildete der Weg über den Plöckenpass die wichtigste Verbindung zwischen den Saumpfaden der Tauernpässe und der Oberen Adria. Das Obere Gailtal und die Carnia waren in vorrömischer Zeit von Venetern und Kelten besiedelt und durch mehrere parallele Übergänge über die Karnischen Alpen verbunden. Über dieses frühe Wegenetz expandierten schließlich die Römer von Aquileia nordwärts bis in den Donauraum und darüber hinaus. Ein Meilenstein dafür war die Gründung von Iulium Carnicum (bei Zuglio) um die Mitte des 1. Jh. v. Chr. Im Jahr 15 v. Chr. besetzten die Römer die keltische Bergbausiedlung Gurina (bei Dellach im Gailtal) und bauten sie zum ersten römischen Militärposten im damaligen Königreich Noricum aus. Später wurde Noricum römische Provinz.
Der Plöckenpass stellte zunächst die anderen, höher gelegenen Übergänge in den Schatten. Davon zeugen heute noch drei römische Felsinschriften entlang der Passstraße. Später übernahm die römische Verkehrsinfrastruktur entlang des Fella-Baches im Kanal- und Eisental einen Großteil des Verkehrsaufkommens.
Im Frühmittelalter kamen altbewährte und in den Sommermonaten einigermaßen sicher gangbare Passwege wieder zu Ehren. Das gilt sowohl für die Übergänge der Hohen Tauern als auch für die VIA, die jetzt das neu entstandene Karantanien mit Baiern und Salzburg im Norden und mit dem langobardischen Herzogtum im Süden verband.
Zu Beginn des Spätmittelalters war die VIA die wichtigste Verbindung zwischen den ausgedehnten Görzer Besitzungen, die, einem Pass-Staat gleich, von Istrien und Friaul über den Plöckenpass und den Brenner bis an den Tiroler Inn reichten.
Wie auf allen Wegen in Richtung Süden gewann auch an der VIA das Pilgerwesen an Bedeutung, Herbergen entstanden. Die Cramars, Wanderhändler, bewegten sich im Herbst in die Gegenrichtung und brachten wertvolle Produkte aus dem Süden über den Plöckenpass nach Alemannia. Neben Händlern und Säumern gelangten vor allem Waldarbeiter und Holzhandwerker von nördlich der Karnischen Alpen nach Italien.
Der Plöckenpass und der Gailberg sind erst seit dem 19. Jh. mit Fuhrwerken durchgängig befahrbar. 1826 erschien erstmals in Landkarten eine neue Wegführung über die Steilstufe nördlich der Plöckenalm, die ungefähr der heutigen Straße entspricht. Wenige Jahre später erreichte der erste Weltkrieg mit voller Wucht die VIA und den Plöckenpass. In der Folge leistete der moderne Straßenbau des 20. Jh. das übrige zur Zerstörung von historischen Spuren. Auf italienischer Seite wurde die Passstraße in der Zwischenkriegszeit ausgebaut. Asphaltiert wurde sie nach dem 2. Weltkrieg. Gegen Ende des 20. Jh. hat man auf der österreichischen Seite den lawinensicheren Ausbau in Angriff genommen, er ist noch nicht abgeschlossen.
Heute verbindet die VIA zwei Staaten und drei Regionen: Friuli Venezia Giulia, Kärnten, Tirol. Mit zahlreichen Möglichkeiten der Weiterreise erreichen wir auf kurzer Strecke fünf mitteleuropäische Staaten von Kroatien im Süden bis nach Deutschland im Norden. Vor allem in den Sommermonaten wird die moderne Straße als eine Alternative zur Autobahn benutzt, auch weil sie in Kombination mit dem Felbertauerntunnel oft die kürzere Verbindung zum Urlaubsziel ist.
Aus allen angesprochenen Epochen finden sich an der VIA wertvolle Zeugnisse ihrer reichen Geschichte. Überwältigend ist die Wirkung von Natur und Landschaft, in die sich die noch existenten oder auch längst vergangenen kulturellen Stätten einfügen. Um diese bestmöglich erleben zu können, gewinnt zusehends die Fortbewegung nach menschlichem Maß an Bedeutung. Ideal erschließen sich die Kultur und Geschichte der Landschaft von den Alpen bis an die Adria dem Fußgänger und dem Radfahrer. Während sich für die kulturgeschichtliche Erkundung der gebirgigen Abschnitte am besten die Sommermonate eignen, am besten kombiniert mit Veranstaltungen des Via Iulia Augusta Kultursommers, sind für die südlichen Abschnitte die Zwischensaisonen günstig.